1. Wie lässt sich der Titel des Werkes mit der Handlung verknüpfen? Der Titel und die äussere Form des Werkes beziehen sich auf den Tanz des Reigens, einen Reihentanz, bei dem stets ein Partner die Hand eines neuen Partners für den folgenden Tanz ergreift. Die einzelnen Tänzer sind somit in einer und der darauf folgenden Tanzpartie beteiligt. (Wikipedia, 2019) In den Dialogen Schnitzlers sieht dies ganz ähnlich aus. Zunächst findet ein sexueller Akt zwischen der Dirne und dem Soldaten statt, anschliessend zwischen dem Stubenmädchen und dem Soldaten, gefolgt vom Stubenmädchen mit dem jungen Herrn, die junge Frau mit dem jungen Herrn, die junge Frau mit dem Gatten, das süsse Mädel mit dem Gatten, das süsse Mädel mit dem Dichter, die Schauspielerin mit dem Dichter und schliesslich die Schauspielerin mit dem Grafen. Der Kreis schliesst sich mit der Liebelei zwischen dem Grafen und der Dirne aus dem ersten Dialog. Die Form des Kreises repräsentiert die Unendlichkeit des Reigens, der nicht mit dem letzten Dialog ein Ende findet und somit nur ein Ausschnitt der Realität der bürgerlichen Gesellschaft des ausgehenden 19. Jahrhunderts in Wien zeigt. (Grin, 2019)
2. Wie unterscheidet sich der erste Dialog zwischen der Dirne und dem Soldaten von den darauf folgenden Dialogen? Im Vergleich zu den anderen Frauen zeigt sich die Dirne nicht erst zurückhaltend und anständig, um dem Rollenbild der Zeit gerecht zu werden, was durch ihre Profession erklärt werden kann. Es ist die Dirne, die im ersten Dialog den Soldaten umwirbt, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Dirne: „Komm mein schöner Engel“ „Freilich, wer denn? Geh, komm zu mir. Ich wohne gleich in der Näh. (Arthur Schnitzler, Reclam, Reigen, 2014, S. 7 Z.5/12-13) Das unterscheidet den ersten Dialog von den darauf folgenden, in denen der Mann um die Gunst der Frau wirbt. Des Weiteren sind es im Werk mit Ausnahme des ersten Dialoges, die Frauen, die die Annäherungsversuche zurückweisen und behaupten, dass sie in Eile seien. Im Dialog zwischen der Dirne und dem Soldaten ist es der Soldat, der die Frau mit dem Vorwand zurückweisst, keine Zeit und kein Geld zu haben. (Schnitzler S.7 Z.15/29) Die Tatsache, dass der Soldat der einzige Mann ist, der es vor dem Koitus eilig hat, weist auf die Verkehrtheit seiner Situation hin. Es ist nicht er, der um das Mädchen wirbt, sondern die Dirne, die ihn verführen will.
3. Welche zwei Typen von Frauen gibt es dem Gatten zufolge und was sagt dies über den Gatten aus (siehe Dialog mit der jungen Frau)? Für den Gatten gibt es die Frauen aus gutem Haus, die rein und bis zu einem gewissen Grad unwissend in die Ehe treten. (Schnitzler S.45 Z.26-28) Die andere Art von Frauen nennt er abwertend „Geschöpfe“ (Schnitzler S.46 Z.5), die das Elend in die Arme der Sünde treibt. (Schnitzler S.46 Z.19-20) Er schreibt ihnen ein sittliches Elend zu, sowie eine mangelhafte Auffassung für das, was korrekt und edel ist. (Schnitzler S.46 Z.26-28) Er erinnert die junge Frau auch daran, dass diese Frauen von Natur aus bestimmt seien, immer tiefer und tiefer zu fallen. (Schnitzler S.46 Z.34-35) Daraus lässt sich schliessen, dass der Gatte Frauen nur nach ihrem sexuellen Verhalten bewertet, was erklärt, weshalb ihm so wichtig ist, dass sich seine Frau nicht mit solchen Geschöpfen abgibt. (Schnitzler S.49 Z.25-31)
4. Welche Wünsche äussert die junge Frau dem Gatten gegenüber? Gleich zu Beginn des Dialoges wird durch die Aussage „Man könnte es manchmal fast vergessen.“ (Arthur Schnitzler, Reclam, Reigen, 2014, S.43 Z.27) klar, dass sich die junge Frau nach Zuneigung seitens ihres Ehemanns sehnt. Dies wird verdeutlicht, durch den Wunsch nicht nur seine Frau zu sein, sondern auch ein wenig seine Geliebte. (Schnitzler S.48 Z.12-13) Des Weiteren wünscht sie sich, neben dem Mädchen, das sie bereits haben oder erwarten, einen Jungen. (Schnitzler S.48 Z.5-8) Dieser Wunsch könnte zudem das Verlangen nach sexueller Befriedigung beinhalten. Besonders wenn man ihre Einstellung zu Frauen, die ausserehelichen intimen Kontakt zu Männer pflegen, in Betracht zieht. „ Aber warum sind sie zu bedauern? – Denen geht’s ja ganz gut?“ (Arthur Schnitzler, Reclam, Reigen, 2014, S. 46 Z. 30-31) oder „Vergnügen“ (Arthur Schnitzler, Reclam, Reigen, 2014, S.50 Z.26). Sie verurteilt diese Geschöpfe, wie sie der Gatte nennt, im Gegensatz zu ihrem Ehemann nicht und zeigt ein gewisse Sympathie. Schliesslich betrog sie ihren Ehemann auch, wie aus dem vorherergehenden Dialog bekannt ist, um ihrem Bedürfnis nach Sexualität nachzugehen.
5. Weshalb bezahlt der Graf die Dirne? Als der Graf der Dirne nach einem Abend im Kaffeehaus nach Hause folgt, ist er dermassen betrunken, dass es zu keinem sexuellen Akt zwischen ihm und der Dirne kommt. (Schnitzler S. 111 Z.34 und S.117 Z.7-13) Er ist kurz nach Ankunft eingeschlafen. (Schnitzler S.119 Z.2) Obschon zwischen der Dirne und dem Grafen kein Geschlechtsverkehr stattfand, bezahlt er sie am Morgen, als er sie verlässt. (Schnitzler S.112 Z.21-23) Somit begleicht er die Schuld des Soldaten, der die Dirne im ersten Dialog nicht bezahlen wollte. (Schnitzler S. 11 Z. 2-5)